Ein außergewöhnliches Projekt mit Bewohnerinnen, Bewohnern, Angehörigen und Mitarbeitenden des Chiemgau-Stifts Inzell. Gemeinsam ist ein Kalender entstanden, eine Zeitreise in die Vergangenheit:

Wer an Demenz erkrankt, plant sein Leben nicht mehr im Voraus, sondern lebt mehr und mehr im Augenblick. Zunehmend gehen auch persönliche Erinnerungen verloren.

Im Chiemgau-Stift Inzell begleiten wir überwiegend demenziell erkrankte Bewohnerinnen und Bewohner. Dabei gehen wir neue Wege. Mit einer intensiven Biografiearbeit versuchen wir schon vor dem Einzug möglichst viel über jeden neuen Bewohner in Erfahrung zu bringen. Dazu gehören liebgewonnene Lebensgewohnheiten, Lieblingsmahlzeiten, Lieblingsmusik, Hobbys, Interessen, wichtige Ereignisse im Leben, Bezugspersonen, familiärer Hintergrund und vieles mehr. Hinter allem steht die Absicht, jeder einzelnen Person gerecht zu werden und ein gutes Alltagsleben wie zu Hause zu ermöglichen. Den Raum dazu bereiten wir.

Aus Erzählungen wissen wir, dass viele der derzeitigen Bewohner des Chiemgau-Stifts Inzell in den 50er Jahren ihre glücklichste Zeit erlebten. Für sie war es die Phase des Aufbruchs, des jungen Erwachsenenlebens, der ersten Liebe und der neuen Musik. Manche schwärmen bis heute von diesem Lebensabschnitt.

Diese Zeit wollten wir in Form einer Modenschau wiederauferstehen lassen. Dazu dekorierten wir den Saal und Eingangsbereich des Chiemgau-Stifts und stellten passende Kleidung zur Verfügung. Eine versierte Visagistin schminkte die Models, die gleich darauf ein professioneller Fotograf in Szene setzte. Um zusätzlich Sicherheit zu geben, bildeten wir jeweils Paare, bestehend aus Bewohnerin oder Bewohner mit Angehörigen oder Mitarbeitenden.

Alle waren mit großer Begeisterung dabei. Sogar das Bayerische Fernsehen berichtete von der Aktion in der Rundschau. So entstand die Idee, mit den Porträts einen Wandkalender für das Jahr 2020 zu gestalten. Die den Bildern zugeordneten Zitate entstanden, als die Bewohner erstmals ihr Bild betrachteten.

Diese Form der Annäherung an das Thema Demenz bietet einen ungewohnten, anderen Blickwinkel. Ganz bewusst wird nicht die Krankheit in den Fokus gerückt, sondern die jeweilige Person mit all ihrer Würde, Lebensfreude und Ausdruckskraft.

Wer an Demenz erkrankt, lebt im Augenblick. Wird die Orientierung in dieser Augenblickswelt erleichtert und finden sich Anknüpfungspunkte an positive Erlebnisse aus der Vergangenheit, so fühlen sich besonders an Demenz erkrankte Menschen glücklich und zufrieden.

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Making-OF

Ein Video meines lieben Kollegen René Metzger: